Aquæ Granni
- 4 Minuten - 782 WörterDer Plan
Ich habe einige Ersatzteile fürs Rad (Montagestreben für den Gepäckträger, Schrauben und sonstiger Kleinkram, bei dem die Bestelldauer beim Händler vor Ort leider immer recht lang ist) und neue Griffe sowie Frontleuchte bei bike-components bestellt und mir gedacht, dass ich die freien Tage nutzen könnte, um diese im Store in Aachen abzuholen. Die Versandkosten sind sehr moderat (ich glaube 4,95 EUR / Paket), es ging also nicht ums Sparen, sondern einfach um die Fahrt, da ich die Strecke noch nicht so weit gefahren bin.
Da mir keine Karte des gesamten Gebiets vorliegt habe ich nun die Strecke im hervorragenden Navigationsprogramm für Android (und iOS) OsmAnd geplant. Erster Anlauf hat einen Fehler produziert: eine Fährverbindung wurde genutzt, die aber nur am Wochenende verkehrt. Also alternative Rheinfähre als Zwischenstopp eingebaut und eine neu Route berechnen lassen. Ergebnis: 90 km und ca. vier Stunden Fahrzeit. Das klingt sportlich, denn es würde eine Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 22,5 km/h voraussetzen, was auf wohlbekannten und hindernisfreien Strecken gut möglich ist, hier aber ging es durch Gegenden, die ich kaum, bzw. gar nicht kannte, und mit vielen Richtungswechseln, Kreuzungen etc. Ich habe eine Fahrzeit von gut sechs Stunden für einigermaßen realistisch angenommen.
Das war eine Fehleinschätzung.
Die Fahrt
Bis zur Rheinfähre war es ein Klacks, zumal ich die Gegend gut kenne und die Strecke auch schon mehrmals gefahren bin. Also kein Blick auf das Navigationsgerät (sprich Schlaufon) nötig. Á propos Blick: mangels einer Halterung, habe ich das Gerät für einen Blick aus der Tasche ziehen müssen. Andererseits: der Akku des Fairphone 2 hat den Tag so mit knapp 30 % Kapazität überstanden.
Hypothetisch: Mit Halterung, dann permanentem GPS-Empfang und Echtzeitnavigation wäre wohl nach einigen wenigen Stunden Schluss. Dann wäre nur der Kompass als Backup-Lösung vorhanden, aber ohne Karte wäre das wohl nicht gut gegangen.
Die Wege waren mit wenigen Ausnahmen (Feld-/Schotterwege) ganz ordentlich, ein Teil führte über einen “Rad-Speedway”, der auf einer ehemaligen BahnstreckeFernbandtrasse vom Tagebau basiert (mehrere Kilometer schnurgerade) und ein anderer Teil auf einer ehemaligen Bahnstrecke (Gegend um Aldenhoven). Die übrigen Streckenabschnitte waren mehr oder weniger gute Radwege neben oder an Straßen.
Auffallend ist – und das durchaus auch in Innenstädten und auf sonstigen freien Flächen – dass sehr viele Einweg-Masken herumliegen. Selbst auf Feldwegen (!) kann man diese “OP-grünen” oder -blauen Vlies-Fetzen mit Kunststoffkordel, bzw. Gummiband vorfinden. Und das natürlich zusätzlich zu dem üblichen Müll (Tüten, Flaschen, Becher etc.). Diese Hinterlasenschaften sollte man den sie verursachenden Menschen in den Vorgarten oder vor die Wohnungstür werfen.
Der Kollaps
Bei ca. km 55 (und gegen 12:00 Uhr) war abzusehen, dass es zeitlich knapp werden würde: um diese Uhrzeit hätte ich das Ziel erreicht haben sollen. Und aus der Beinmuskulatur war keine Kraft mehr abzurufen: Zeit für eine Pause. Im Schatten der Sophienhöhe in der Nähe des Braunkohletagebaus Hambach habe ich eine Stärkung zu mir genommen und mich ausgeruht. Zuvor hatte ich eine längere Strecke auf schlechten Schotterwegen und mit Gegenwind (gut für die vielen Windräder dort) zurückgelegt, was kräftezehrend war. Etwas schade, dass ich keinen Blick auf die Mondlandschaft des Tagebaus werfen konnte, ohne das feste Ziel hätte ich einen Umweg dorthin bestimmt gewagt.
Das Ziel
Die Einfahrt in den Talkessel von Aachen wird mit einem schönen Panorama-Blick auf die Stadt am Nordrand der Eifel mit den zuerst auffäligen markanten drei kugelförmigen Gasbehältern belohnt. Dann geht es in die Stadt, zum Glück kann man der Schnellstraße ausweichen und durch den Stadtgarten fahren; hier eine Überraschung: das Navigationsprogramm hat mich eindeutig eine Treppe(!) herunter geführt (ich habe dreimal meine Position und den berechneten Weg abgeglichen). Es war aber nicht weiter schlimm, dafür habe ich das in Bauzäune verhüllte Neue Kurhaus mit einer Hochzeitsgesellschaft im Fototermin bewundern können.
Über einige verwinkelte Gassen bin ich dann doch noch am Ziel angekommen: um etwa 17:30 Uhr. Ich hatte nicht gedacht, dass der Store von bike-components.de so malerisch am Rande der Altstadt liegt. Ich musste noch etwas abwarten, denn es wurden mur max. zwei Personen gleichzeitig in das Geschäft eingelassen, und gegen 18 Uhr hatte ich meine bestellten Teile empfangen und konnte mich auf den Rückweg vorbereiten.
Aber zuerst noch ein Wenig die alte Stadt besichtigen, am Markt mit dem alten Rathaus, dann den Dom, dort gegeüber habe ich ein paar Ansichtskarten gekauft und diese am kleinen Tischchen vor dem Eingang geschrieben.
Die Rückfahrt
Darüber ist nicht allzu viel zu berichten: wie bereits erwähnt waren meine Kräfte aufgebraucht und zudem ist es sehr viel später geworden als ich erwartet hätte (und als das Navigationsprogramm berechnet hatte), so habe ich den Rückweg mit der Bahn angetreten.
Schnell noch die Ansichtskarten in den Briefkasten vor dem Eingang zum Hauptbahnhof eingeworfen und dann mit dem Zug über Colonia Claudia Ara Agrippinensium ;-) nach Hause.